So eine Überraschung! Eine junge Floristin in meinem Garten! Ich hatte zwar vor, andere Pflanzenfans zu interviewen. Aber dass Gott meinen Traum so schnell Wirklichkeit werden lassen würde, hätte ich nicht gedacht..
Als meine Freundin mich fragte, ob „ihre Ukrainerin“ sich meinen Garten angucken könnte, war ich zuerst erstaunt. Ich hörte, dass Viktoria inzwischen in Berlin wohnt und dort versucht auf dem Balkon Schnittblumen anzupflanzen – mit mäßigem Erfolg. Wie mein Garten und ich ihr helfen dabei konnten, war mir nicht ganz klar. Ich habe weder Balkon noch Schnittblumen. Aber ich hatte den Eindruck, dass Gott irgendetwas vorhat. Also lud ich sie spontan für die Mittagspause in meinen Garten ein.
Langsames Aufwärmen auf der Terrasse
Einen Tag später lernten wir uns bei einer Tasse Tee auf unserer Terrasse etwas besser kennen. Es war ein milder Tag im September, schon etwas herbstlich, aber noch angenehm warm. Ich erfuhr, dass Viktoria in Berlin ein Online-Geschäft hat. Mir war immer noch nicht klar, weshalb Viktoria bei mir war: Wollte sie mich und meinen Blog unterstützen? Oder brauchte sie meine Hilfe bei Ausbau ihres Floristik-Geschäfts? Und das alles auf Englisch! Weil sie die Antworten selbst nicht wusste, beteten wir erstmal zusammen. Dann kamen mir auch gleich Ideen, was wir machen könnten. Zuerst wollte ich mit Viktoria ein Interview führen.
Interview mit Viktoria
Viktoria, wolltest du schon immer mit Blumen arbeiten?
Ursprünglich habe ich Musik studiert. Ich bin studierte Chorleiterin, das ist allerdings in der Ukraine nicht sehr profitabel.
Wie bist du auf Floristik gekommen?
Ich habe vor sechs Jahren auf Pinterest einen wunderschönen Weihnachtskranz gesehen. Ich war ganz begeistert und habe versucht, einen Eigenen zu binden. In der Ukraine sind solche Kränze völlig unbekannt. Wenn man dort Blumen an die Tür hängen würde, wären sie nach fünf Minuten weg. Irgendjemand hätte sie garantiert gestohlen. Niemand käme überhaupt auf den Gedanken, so einen schönen Kranz an die Tür zu hängen. Ich habe trotzdem Weihnachtskränze hergestellt. (Sie lacht)
Hast du dann eine Ausbildung zur Floristin gemacht?
Nein, das hat sich ganz anders entwickelt. Ich habe mich auf eine Anfrage eines sehr eleganten Blumenladens gemeldet, sie suchten eine Aushilfe. Dort habe ich keine richtige Ausbildung erhalten, aber viel über Pflanzen, attraktive Kombinationen und Bindetechniken gelernt. Die drei Jahre waren sehr anstrengend, und ich habe wenig Wertschätzung erfahren. Trotzdem bin ich froh, dass ich es durchgezogen habe, weil die Floristen in dem Laden einfach die Besten waren. Ich habe unheimlich viel gelernt, indem ich ihnen über die Schulter gucken konnte. Irgendwann wurde ich dann sicherer, bin schneller geworden und habe meinen eigenen Stil gefunden.
Wegen des Krieges seid ihr nach Deutschland gekommen. Vermisst du dein Land sehr?
Ich bin ganz vernarrt in mein Land. Ich weiß, das ist unmodern und klingt viel zu patriotisch, aber es ist einfach MEIN Land. Es ist nicht nur, dass ich dort geboren und aufgewachsen bin. Ich bin emotional mit diesem Land verbunden, es hat Seele. Wir haben als Nation eine schwierige Vergangenheit, aber wir sind auch stark. Wenn ich die Grenze zur Ukraine überschreite, fühle ich mich ganz besonders. Das ist meine Erde, alles ist anders, die Menschen, die Natur. Und wenn ich das Land wieder verlassen muss, bin ich sehr traurig.
Wie gefällt es dir hier nie Deutschland?
Ich liebe Deutschland! Es ist für die Deutschen nicht einfach, so viele Ausländer aufzunehmen. Ihr müsst deswegen viele Einschränkungen auf euch nehmen. Trotzdem haben meine Familie und ich viel Unterstützung erfahren, dafür bin ich sehr dankbar. Ohne fremde Hilfe hätten wir es nicht geschafft. Hier in Deutschland haben wir viele tolle Leute kennengelernt, die leben, was sie glauben.
Apropos Glauben – warst du schon immer gläubig
Ich bin in einer christlichen Familie aufgewachsen und hätte mich als gläubig bezeichnet, aber es war nicht MEIN Glaube. In meiner Familie gab es strenge Regeln. Der Glaube wirkte auf mich schwer und langweilig. Vieles hatte ich einfach übernommen, ohne mir selbst Gedanken darüber zu machen. Das kam erst, als ich meinen damaligen Freund Max kennenlernte. Er ist sehr intelligent. Als Atheist stellte er wissenschaftliche Fragen, auf die ich keine Antworten hatte. Das machte mich wütend. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich Zweifel an Gott. Durch die Beziehung zu Max nahm mein Glaube weiter ab und ich ging seltener in den Gottesdienst. Leider machten wir auch schlechte Erfahrungen mit Christen. Wenn wir zur Kirche gingen, lud uns niemand ein, dabei hätte uns der Kontakt zu Christen sehr geholfen.
Das ist echt schade. Wie ging es mit Max weiter?
Max wollte zurück nach Moskau, er ist ja Russe. Er hatte mir einen Heiratsantrag gemacht, aber ich war hin- und hergerissen. Meine beste Freundin riet mir davon ab. Sie fürchtet, ich würde gar nicht mehr glauben, wenn ich mit ihm ginge. Ich hielt mich immer noch für gläubig, also einigten wir uns auf einen Kompromiss. Ich würde mit nach Moskau kommen, aber nur unter der Bedingung, dass wir eine gute Kirche besuchen würden, wo unsere Fragen beantwortet würden.
Wie war die Moskauer Kirche?
Die Kirche in Moskau war ganz anders. Ich würde sie theologisch nicht liberal nennen, aber sie lebten ihren Glauben nicht so streng. Es gab viel Freiheit. Und ich fühlte Liebe dort. Die Menschen waren glücklich mit Gott, das hatte ich noch nicht erlebt. Bei einem Glaubenskurs konnten wir endlich alle unsere Fragen zu Geschichte und Wissenschaft loswerden. Als ich zum ersten Mal die Gute Nachricht hörte, blieb mir der Mund vor Staunen offen. Gott hat mich zuerst geliebt. Er hatte mich die ganzen Jahre über geliebt. Er hatte nicht aufgehört, mich zu lieben – und würde es auch nie tun. Diese Tatsache hat mich wie ein Schlag getroffen. Diese Gnade! Ich war überwältigt.
War dann alles gut?
Nein, es war kein leichter Weg. Manche Fragen habe ich immer noch. Aber wir hatten einen Hauskreis gefunden, in dem für uns gebetet wurde. Dort haben wir zusammen in der Bibel gelesen und sehr offene Gespräche geführt. Ich habe erkannt, wo ich gesündigt habe und konnte die anderen bitten, für mich zu beten. Ich bin immer noch oft wütend wegen des Krieges. Warum beendet Gott ihn nicht? Er ist doch viel größer! Aber trotzdem ich weiß, Gott hat versprochen, mich nicht zu verlassen. Er hält mich an meiner Hand. Er ist treu.
Jetzt wird es praktisch
Dieses unverhoffte Gespräch war auch für mich ein besonderer Moment. Ich fand es so schön zu hören, wie Gott in Viktorias Leben gehandelt hat. Und das hier auf meiner Terrasse. Unfassbar. Wir tranken unseren Tee zu Ende und waren uns einig: Jetzt wird es praktisch! Wir sind zusammen durch den Garten gegangen, um Material für ein oder zwei Blumensträuße zu schneiden. Zum Glück war es ein eher bedeckter Tag, sodass die Blüten noch frisch wirkten. Es blühten noch ein paar Rosen, aber auch von meinen Hagebutten, Herbstblättern und Gräsern war Viktoria begeistert. Sie hatte einige Trockenblumen und einen Zierkürbis gekauft, und ich konnte getrockneten Zierlauch beisteuern. Unsere Terrasse wurde in kürzester Zeit in eine Art Filmstudio verwandelt. Es war ein schönes wildes Durcheinander, mit viel Gelächter und Herumprobieren.
Unsere beiden Handys positionierten wir so, dass aus zwei verschiedenen Blickwinkeln gefilmt werden konnte. Ich machte zusätzlich mit der Kamera Aufnahmen. Natürlich wollte auch unsere Katze mitmischen, sprang auf den Tisch und spielte mit den Trockenblumen. Trotzdem lief alles richtig gut. Es war schön, Viktoria beim Sträuße binden zuzugucken. Sie ist dabei total konzentriert, lächelt kaum, wirkt aber trotzdem glücklich und zufrieden. Dabei hält sie die Blumen immer wieder auf Abstand, um ihre Wirkung abzuschätzen und korrigiert hier und dort noch etwas. So entstehen vor meinen Augen zwei wundervolle Herbststräuße. Gleich habe ich noch weiter Fragen an die Floristin …
Das Interview geht weiter
Wie kann man bei dir einen Strauß bestellen, Viktoria?
Du kannst dir auf Instagram noch mehr Sträuße angucken, oder mich auf Instagram besuchen. Dort kannst du auch deine Bestellung aufgeben. Oder du rufst mich an, damit kann ich dich individuell beraten kann. Zurzeit liefere ich nur innerhalb von Berlin aus. Wenn der Strauß fertig gebunden ist, liefere ich ihn persönlich bei dir ab. Damit er heil bei dir ankommt, wird er in einer speziellen Verpackung transportiert.
Was wünschst du dir für dein Unternehmen? Was ist dein Traum?
Eigentlich ist es schon wundervoll, überhaupt mit Blumen zu arbeiten. Aber ich träume davon, in Berlin ein eigenes Blumengeschäft eröffnen. Noch binde ich meine Sträuße in unserer Wohnung. Manchmal muss mein Mann frieren, damit es die Blumen schön kühl haben und nicht schlapp machen. Mit einem eigenen Geschäft wäre manches einfacher – und noch viel mehr möglich.
Vielen Dank für das Interview, liebe Viktoria!
Und natürlich für die beiden schönen Sträuße. Es war schön zu hören, wie Gott mit dir angefangen hat. Ich bin sicher, er wird mit dir weitergehen, dich im Glauben wachsen lassen und andere Menschen durch dich beschenken. Ich traue dir ohne weiteres zu, dass du einen eigenen Laden eröffnen wirst. Du bist eine zielstrebige junge Frau mit Vision und hohen Ansprüchen an dich selbst. Ich bin überzeugt, dass du deinen Weg gehen wirst. Ich wünsche dir Gottes Segen dafür.
G
Viiktoria hat mich mit ihren Blumensträußen inspiriert. Nun hatte ich Lust, selbst welche zu binden. Wenn es dir auch so geht, kannst du dir hier ein paar Tipps holen.
PS: Viktoria und Max sind nun schon ein paar Jahre verheiratet. Ich habe den jungen Mann kurz kennengelernt. Der IT-ler hat einen herrlich trockenen Humor – und glaubt inzwischen auch an Jesus.
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